kath.net hat heute freundlicherweise den folgenden Kommentar übernommen:
PAter Oster bei der heutigen Pressekonferenz im Barocksaal des Klosters Benediktbeuern |
Nachdem einschlägige Gerüchte sich seit Monaten verdichtet
hatten, ist die Ernennung des Benediktbeurer Salesianerpaters Stefan Oster zum
neuen Bischof von Passau heute offiziell bekannt gegeben worden. Die gut
18-monatige Vakanz des Passauer Bischofsstuhls geht damit am 24. Mai dieses
Jahres endlich zu Ende und es ist zu hoffen, dass nicht alle der zahlreichen
ausstehenden Neubesetzungen in deutschen Bistümern so viel Zeit benötigen.
Man kann es aber auch anders herum sehen: Wenn am Ende ein
so gutes Ergebnis steht, darf die Suche nach einem neuen Bischof für ein
„verwaistes“ Bistum auch gerne etwas länger dauern. Denn Passau erhält einen
Oberhirten, der ein offen auf die Menschen zugehender Seelsorger, ein
theologisch tiefer Denker und nicht zuletzt ein begeisternder Verkündiger des
Wortes Gottes ist.
Die Wahl von Stefan Oster zum Bischof der Diözese Passau
fällt dabei in vielerlei Hinsicht aus dem üblichen Rahmen. Er hat sich nicht
über Jahre hinweg in einem diözesanen Apparat „hochgedient“, in seinem Orden
bisher keine Führungsposition eingenommen und auch keine klassische
Universitätslaufbahn durchlaufen. Dennoch (oder gerade deswegen?) haben sich viele
Menschen, die ihm als Seelsorger begegnet sind, wahrscheinlich schon einmal
gedacht: „So einen hätten wir gerne als Bischof“.
Der Lebenslauf des heute 48-jährigen Ambergers ist der eines
„Spätberufenen“. Nach dem Abitur hat er zunächst eine Ausbildung zum Zeitungs-
und Hörfunkredakteur absolviert und in diesem Beruf einige Jahre gearbeitet.
Von 1988 bis 1994 studierte Oster dann Philosophie, Geschichte und
Religionswissenschaft in Regensburg, Kiel und Oxford. Erst im Alter von 30
Jahren trat er 1995 in den Orden der Salesianer Don Boscos ein, absolvierte
sein Theologiestudium in Benediktbeuern und wurde dort 2001 zum Priester
geweiht.
2003 folgte die Promotion mit einer Arbeit über seinen
Regensburger Lehrer Ferdinand Ulrich, für die er u.a. mit dem
Albertus-Magnus-Preis der Diözese Augsburg ausgezeichnet wurde. Parallel zur
Dozententätigkeit an der Ordenshochschule in Benediktbeuern arbeitete er –
betreut vom heutigen Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer - an seiner
dogmatischen Habilitation, die 2009 an der Universität Trier erfolgte. Die
Professur für Dogmatik und Dogmengeschichte, die ihm anschließend übertragen
wurde, endete 2013 mit der Einstellung des Lehrbetriebs der
Philosophisch-Theologischen Hochschule Benediktbeuern.
Bei der heutigen Pressekonferenz in Benediktbeuern betonte
Pater Oster, dass ihm der Wechsel in das Bischofsamt nicht leicht fällt: „Es
ist sicherlich mit der Aufgabe vieler persönlicher Freiheiten verbunden. Mal
schnell mit Studenten ein Bier trinken gehen – das ist wohl vorbei“.
Gleichzeitig sei der neue Dienst, den er unter den Wahlspruch „Victoria
veritatis caritas“ (Der Sieg der Wahrheit ist die Liebe) stellt, die Radikalisierung
und Vertiefung seiner ursprünglichen Berufung: „Ich habe einmal gesagt: Ja,
Herr, für Dich, mein Leben!“.
„In die Tiefe gehen“ – das ist zunächst das Leitmotiv des
geistig-geistlichen Weges von Stefan Oster. Die erste Stufe dieser Bewegung
stellte die Hinwendung zum Philosophiestudium dar. So sehr ihm, den man mit
gutem Recht einen „spekulativen Kopf“ nennen kann, dieses Studium entsprach,
konnte es doch nicht alle seine existentiellen Fragen beantworten. Daher folgte
dieser ersten Annäherung die zweite Stufe, die Hinwendung zum Ordensstand. Dass
er sich dabei für den Orden des Hl. Johannes Bosco entschied, ist Ausdruck
seiner Begeisterung für das besondere Charisma dieses Ordens: die
Jugendpastoral.
„In die Tiefe gehen“ – so kann man auch die Jugendarbeit des
neuen Bischofs auf einen Nenner bringen. Vor zwei Jahren rief er in
Benediktbeuern „God for You(th)“ ins Leben und in kurzer Zeit fand sich eine
Gruppe von mehr als 50 Jugendlichen zusammen, die sich jeden Sonntagabend zu Lobpreis
und Katechese trifft. Eher charismatisch ausgerichtete Gebetsformen kombinieren
sich dabei mit theologisch anspruchsvollen Gesprächen rund um Themen des
christlichen Glaubens und Lebens. Ein wichtiger geistlicher Impuls für das
religiöse Leben in und um das Benediktbeurer Klosterdorf sind die mehrmals im
Jahr von der Gruppe getragenen „24*7“-Gebete, bei denen eine ganze Woche rund
um die Uhr Anbetung gehalten wird.
„In die Tiefe gehen“ – das ist gleichzeitig eine treffende
Charakterisierung des Theologen Stefan Oster. Nicht umsonst hat er sich in
seiner wissenschaftlichen Arbeit intensiv mit Ferdinand Ulrich
auseinandergesetzt, dem in seiner Bedeutung und Wirkung oft unterschätzen
Regensburger Religionsphilosophen (kein Geringerer als Hans Urs von Balthasar
hat Ulrich als einen der bedeutendsten Denker an der Schnittstelle von
Philosophie und Theologie im 20. Jahrhundert gewürdigt). „Homo abyssus“ – der
abgründige Mensch – lautet der Titel des Hauptwerks von Ferdinand Ulrich, in
dem es nicht um die „Abgründe des Menschen“ im üblichen Sinne geht, sondern um
die Tatsache, dass der Mensch bei der existentiell-denkerischen Erkundung
seiner Tiefenstruktur sich selbst als geschöpfliches Sein und damit als
Ausdruck und Wirkung der personalen Liebe des dreifaltigen Gottes entdeckt.
„In die Tiefe gehen“ – das könnte schließlich auch das Motto
eines Bischofs für die heutige Zeit und die konkrete Situation der Kirche in
dieser Zeit sein. Die gemeinsame Vertiefung des Glaubens und des kirchlichen
Lebens ist die Voraussetzung nicht nur für die von Papst Franziskus betonte
„Freude des Evangeliums“, sondern auch für die Überwindung der vielfach
oberflächlichen, das öffentliche Erscheinungsbild der Kirche prägenden
Streitigkeiten um bestenfalls vorletzte Fragen. Stefan Oster weiß nicht zuletzt
aus seiner Erfahrung als Jugendseelsorger, dass die scheinbar unüberbrückbaren
Gegensätze zwischen innerkirchlichen „Richtungen“ dort überwunden werden können,
wo wirkliche und tiefe Begegnung mit Jesus Christus ermöglicht wird.
„In die Tiefe gehen“ – das ist also letztlich dem neuen
Bischof, seinem Bistum und der ganzen Kirche zu wünschen.
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