- Ich bin NICHT der Meinung, dass die Kirchensteuer abgeschafft werden sollte, damit die "bösen" deutschen Bischöfe weniger Geld haben, all' die ebenfalls "bösen" Mitarbeiter rauswerfen müssen und dann endlich die "wahre Kirche" zum Vorschein kommen kann. So scheint sich das der eine oder andere Vertreter der selbst-gemachten Orthodoxie vorzustellen.
- Ich bin auch NICHT der Meinung, dass die Kirchensteuer abgelöst werden sollte von einer Finanzierung, bei der jedes Kirchenmitglied selbst entscheidet, wo es sein Geld hingibt. Mein Bischof (ja, ich habe "meinen" Bischof, so wie ich "meinen" Papst habe und beiden bin ich zum Gehorsam verpflichtet und ohne beide kann ich nicht katholischer Christ sein) hat Anspruch darauf, dass ich ihm Geld zur Verfügung stelle, das er nach seinen Vorstellungen zum Wohle und zum Aufbau der ihm anvertrauten Diözese einsetzen kann.
- Ich bin allerdings der Meinung, dass er mich in Freiheit verpflichten sollte, d.h. der finanzielle Beitrag sollte auf derselben Stufe stehen wie meine sonstigen Verpflichtungen (z.B. Sonntagspflicht).
- Ich bin NICHT der Meinung, wie der eine oder andere Blogger-Kollege, dass auch mit der Kirchensteuer alles gut werden kann. Die Schere zwischen dem materiellen Wohl- und dem geistlichen Notstand in der deutschen Kirche ist mittlerweile so groß, dass das derzeitige Finanzierungsmodell notwendigerweise zu einem völlig verzerrten Innen- und Außenbild der Kirche führen muss (das hatte ich mit "florierendes Großunternehmen mit angehängtem defizitären Religionsbetrieb" gemeint).
- Diese Schere besteht ganz konkret auch zwischen den "praktizierenden Katholiken" und den "Kirchensteuer-Katholiken". Mir ist klar, dass die Grenzziehungen nie eindeutig sind und Probleme aufwerfen - alle vorliegenden Daten legen aber nahe, dass mittlerweile nur ca. ein Viertel der Katholiken praktizieren (d.h. einigermaßen regelmässig am Gottesdienst teilnehmen und die zentralen Aussagen des Glaubensbekenntnisses der Kirche bejahen).
- Es sollte auf der Hand legen, dass ein Finanzierungsmodell, das zu 75% von Personen getragen wird, deren Verhältnis zur Kirche bestenfalls als "distanziert" beschrieben werden kann, nicht in Ordnung ist und zu Schiefständen aller Art führen muss.
- Ein wesentlicher Schiefstand besteht z.B. darin, dass die große Gruppe der "Distanzierten" ganz automatisch das Klima und die Gepflogenheiten in der Kirche mitprägt. Religionsunterricht, Sakramentenkatechese, viele Gottesdienstformen folgen mittlerweile einem Prinzip des "kleinsten gemeinsamen Nenners"; manchmal hat man den Eindruck, dass die Pastoraltheologie dieses Prinzip völlig verinnerlicht hat. Das kann auf die Dauer nicht gutgehen.
Wie gesagt: Nur einige ergänzende Gedanken, die mir aber am Herzen liegen, um nicht missverstanden zu werden.