Montag, 15. Dezember 2014

Die Päpste und das heilige Kraut

Der spätere Papst Johannes XIII. mit Zigarette
Angeregt durch die aktuelle Diskussion um eine mögliche Seligsprechung von G. K. Chesterton und die dabei vorgebrachten Einwände, er könne aufgrund seines unpuritanischen Lebensstils in Bezug auf Essen, Trinken und Rauchen, nicht zur Ehre der Altäre erhoben werden, fiel mir eine kleine Geschichte über den seligen Clemens August Graf von Galen ein: Der Bischof war passionierter Pfeifenraucher und pflegte auf das Rauchen auch in der vorösterlichen Zeit nicht zu verzichten (unter Einhaltung aller Abstinenz- und Fastenregeln der Kirche).

Er würde gerne, darf aber nicht ...

Das Rauchen ist nicht nur durch den "Löwen von Münster" geheiligt, man könnte auch eine eigene Studie über die "Päpste und den Tabak" schreiben. Eine Art Vorstudie zu diesem epochalen Forschungsdesiderat hat vor einigen Jahren Ulrich Nersinger in einem Artikel auf kath.net veröffentlicht.

Hier eine kleine Übersicht aus den vergangenen 150 Jahren:

  • Pius IX. - Schnupftabak
  • Leo XIII. - Schnupftabak (leidenschaftlich)
  • Pius X. - Schnupftabak
  • Pius XI. - Zigarren
  • Pius XII. - Schnupftabak
  • Johannes XXIII. - Zigaretten (bis zu einem Päckchen am Tag)
  • Paul VI. - Zigaretten
  • Johannes Paul II. - Nichtraucher
  • Benedikt XVI. - Zigaretten
  • Franziskus I. - Nichtraucher (aber mildernde Umstände wegen eines Lungenleidens)
Meine Lieblingsgeschichte zum Thema "Päpste und Tabak" (ebenfalls nachzulesen bei Nersinger) geht so:
Leo XIII. - seine Liebe zum Schnupftabak hat via Zola Eingang in die Weltliteratur gefunden - bot in einer Audienz einem Mitglied des Kardinalskollegiums seine Schnupftabakdose an. Dieser wies sie zurück mit dem Satz: "Danke, Eure Heiligkeit, aber dieses Laster habe ich nicht". Der Papst schaute ihn freundlich an und antwortete: "Mein Lieber, wären Schnupfen und Rauchen ein Laster - Sie hätten es!".
Wie oft schon hat man sich Ähnliches gedacht ...

Montag, 8. Dezember 2014

Der Papst und der "smarte Amerikaner"

Warum verbirgt dieser Mann seine Nase?
Die neueste "Franziskus-Perle" liegt endlich vor: wieder einmal in der Form eines Interviews. Man weiß also nicht so recht, ob das Interview wirklich geführt wurde, ob der Papst das, was er gesagt hat, wirklich gesagt hat, ob ein Band mitgelaufen ist oder nicht, usw. Da es sich bei der Interviewerin aber um eine alte Freundin des Hl. Vaters handelt, tun wir guten Gewissens einmal so, als könnte man den veröffentlichten Text als "ipsissima vox" nehmen.

In dem Interview findet sich die folgende Passage über die "Causa Burke" (*):
Konservative Kreise in den USA denken, dass Sie den nordamerikanischen Kardinal Raymond Leo Burke vom Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur entfernt haben, weil er der Anführer einer Gruppe war, die bei der Bischofssynode Widerstand gegen jede Art von Veränderung geleistet haben - ist das richtig? [Falsche Frage: jeder weiß, dass die Amtsenthebung von Kardinal Burke bereits vor der Synode feststand]

Montag, 24. November 2014

Papa Emeritus oder einfach wieder Kardinal?

Zwei Männer "ganz in weiß" sind einer zuviel ...
Der Bloggerkollege Sophophilo hatte vor kurzem schon alles Notwendige zu dem Hype um die Änderungen, die Papst Benedikt XVI. im Rahmen des Erscheines seiner "Gesammelten Werke" an einem Text von Joseph Ratzinger aus dem Jahre 1972 vorgenommen hat, geschrieben. Alles Notwendige? Anscheinend doch nicht, denn Hubert Wolff hat es für richtig erachtet, das Thema in einem Beitrag für die FAZ noch einmal aufzugreifen und es zum Anlass zu nehmen, seine Gedanken über den Status des "Papa Emeritus" zu formulieren.


Dienstag, 18. November 2014

Ich und Dialog?

Der Stuhlkreis - nix für Theodor
Die Teilnehmer der diesjährigen Blogoezesen-Wahlen haben mir zu einer Silbernen Robusta verholfen. Und das nicht für "Trägheit" (wie 2012) oder "Orthodoxie" (warum gibt es das nicht? Zum Beispiel als Ersatz für "Papsttreue") oder "The One and Only Marx-Basher" (wäre verdient) oder "bester Ehemann von allen" (Ehefrau ist Fränkin!) - nein, für "Dialog". Ich bin im ersten Moment, ehrlich gesagt, ziemlich erschrocken. Von wegen Stuhlkreis und so, igitt. Aber dann ist mir klar geworden, dass es nur einen Grund für diesen Preis geben kann: die aktuelle Wirtshausrauferei zum Thema "Lefebvre-Schisma". Und die kostet mich soviel Nerven, dass ein kleines Trostpflaster absolut angemessen ist.

Also, liebe Wähler: vielen Dank für Eure Zuwendung. Und nächstes Mal zahle ich doppelt soviel - dann wird es vielleicht wieder was mit Gold ;-)





Montag, 17. November 2014

Ein Bischof spricht Klartext

Der Bischof Passau verkündigt das Evangelium
Der Bischof von Passau, Dr. Stefan Oster SDB, scheint ein eigenwilliger Mensch zu sein. Er lebt in einer WG und hat in dieser WG für sich selbst eine Dreizimmerwohnung mit 105 qm. Er legt wohl auch Wert darauf, dass die Leute darum wissen und hat deshalb ein kleines Video über diese Wohnung drehen lassen. In diesem Video kommen sogar das Badezimmer und die Toilette der Wohnung vor. Das gefällt nicht jedem in der Blogozese. Die "Homestory" riecht ihnen wahrscheinlich zu sehr nach "Bergogliöser Scheinarmut". Deswegen machen sie sich über das "Scheißhaus" des Bischofs lustig.

Mir wäre es wurscht, wenn der Bischof in einer Residenz mit langen Fluren, alten Ölgemälden und barocken Möbeln wohnen würde (gern auch mit Putten und Bischofswappen auf der Klobrille). Deswegen ist es mir auch wurscht, wenn er eher das Gegenteil tut. Seine Sache und er wird schon wissen, was er tut. Unterstellen muss ich ihm deswegen erst einmal nichts.

Sonntag, 16. November 2014

Tradition und Rebellion in der Kirche

Die Kirche: leidend - streitend - triumphierend
- aber niemals rebellierend
"Die Überwinterung der Tradition" und "Die Dialektik von Für und Wider vor dem Höchsten" - diese beiden Prinzipien oder sagen wir besser: Motive hat Geistbraus in seinem letzten Beitrag zu unserer Diskussion (die von einigen Zartbesaiteten als "Wirtshausrauferei" karikiert worden ist) in Anschlag gebracht, um in der Frage der Einordnung des Lefebvre-Schismas der "kategorialen Enge" zu entfliehen, in der mir nichts entgegenzuhalten können meint und für die er mich gleichzeitig bedauert, da sie "teuflisch" sei, also nicht von Gott.

Trotz meines verengten Horizontes und meiner kategorialen Beschränktheit gefallen mir diese beiden Motive außerordentlich gut. Das erste ist mythischer Natur: ein unsterbliches Gut (das Kaisertum, die "Heilige Tradition" des Christentums) versinkt in den Wellen der Geschichte und nur esoterisches Schrifttum oder eine kleine Gruppe Getreuer bewahrt das Wissen um dieses Gut, rettet es über die Zeit und hütet es bis zum Tage seiner (wirklichen oder nur möglichen?) Auferstehung.

Donnerstag, 13. November 2014

Das Glaubensbekenntnis des Herrn Peter Hintze

Er leidet nicht!
Der Bundestag hat heute über das Thema Sterbehilfe debattiert. Im Zug dieser Debatte hat Herr Peter Hintze, evangelischer Theologe und Pastor, ehemaliger Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises in der CDU/CSU, ehemaliger Generalsekretär der Christlich Demokratischen Union, Vizepräsident der Christlich-Demokratischen Internationale und enger Vertrauter der Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden der Christlich Demokratischen Union, folgenden Satz gesprochen:
"Leiden ist immer sinnlos"
Man darf sicher davon ausgehen, dass die Christlich-Demokratische Internationale demnächst auf den Hl. Vater Franziskus I. zugehen und um die längst überfällige Anpassung des Apostolicums bitten wird. Dort wird es dann in Zukunft heißen:
"sinnlos gelitten unter Pontius Pilatus".
Man kann ja so dermaßen auf den Hund kommen ...

Mittwoch, 12. November 2014

Das Lefebvre-Schisma - Pest UND Cholera

Der Urheber
Nachdem ich im letzten Post zum Thema wesentliche historische Fakten und zwei wichtige Zitate zusammengestellt habe, möchte ich noch einige Gedanken zur Einordnung von Lefebvres Tat und ihre Folgen bis auf den heutigen Tag anfügen. Diese Gedanken sind gleichzeitig der letzte Beitrag zu meiner "Wirtshausrauferei" mit dem Kollegen Geistbraus. Denn die Frage der Bewertung von Erzbischof Lefebvre und seiner Tat von 1988 war - das ist, wie bei Raufereien nicht unüblich, etwas aus dem Blick geraten - der eigentliche Ursprung des ganzen Disputs.

Montag, 10. November 2014

Eine liturgische Perle: das Offertorium aus Job

Der 21. Sonntag nach Pfingsten ("alter Ordnung") ist zwar schon einige Tage her, aber ich möchte den liturgisch Interessierten unter meinen Lesern eine kleine Entdeckung nicht vorenthalten.

Die letzten Sonntag im Kirchenjahr sind den letzten Dingen gewidmet. In den Texten des 21. Sonntags nach Pfingsten wird dies besonders deutlich. In der Epistel aus dem 6. Kapitel des Epheserbriefes, in dem uns der Völkerapostel dazu auffordert, uns zu rüsten für den Kampf. Im 18. Kapitel des Evangeliums nach Matthäus mit dem Gleichnis vom unbarmherzigen Gläubiger.

Kurze Geschichte des Lefebvre-Schismas

Nachdem in der Blogozese immer wieder Tendenzen zu erkennen sind, das Schisma von 1988 kleinzureden oder gar zu leugnen, dass es sich bei den Bischofsweihen überhaupt um ein solches gehandelt habe, scheint es mir an der Zeit zu sein, den historischen Ablauf der seinerzeitigen Ereignisse in Erinnerung zu rufen.

Die gängige Mär geht in etwa so: Rom hat den Erzbischof hingehalten und auf sein Ableben spekuliert, um die Piusbruderschaft, die dann ja keinen Bischof mehr für Priesterweihen gehabt hätte, "verhungern" zu lassen. 

Sonntag, 9. November 2014

Der Geistbraus und das engelsgleiche Stroh

Der engelsgleiche Lehrer mit zwei Heiden
Nach einer beruflich bedingten Unterbrechung möchte ich den kleinen Disput mit dem Kollegen Geistbraus weiterführen und vielleicht auch zu einem Ende bringen. Beim Lesen des letzten Beitrags von Martin Grannenfeld dachte ich zunächst: "Prima, jetzt können wir die Angelegenheit nach Art eines katholischen Herrenabends befrieden". Diese Methode geht so: Man streitet sich ganz furchtbar, verrennt sich in die aussichtslosesten Kontroversen und gegen Ende sagt dann einer der beiden: "Siehst Du mein Lieber, das ist ein typisch platonisches Argument. Du weißt, ich bin Aristoteliker". Welchen Ball der andere dann aufnimmt: "Ja, so ist das wohl und das erklärt natürlich auch, warum wir in so vielen Dingen anderer Meinung sind. Aber das ändert ja nichts daran, dass wir beide gutkatholisch sind. Hast Du noch ein Glas von diesem wirklich feinen Burgunder?"

Freitag, 31. Oktober 2014

Wer ist hier eigentlich der Clown?

Sieht so ein "Hampelmann" aus?
Was habe ich nur getan, dass der Geistbraus - das diplomierte "Großmaul der Blogozese" - nicht davon ablassen kann, mit mir die Klinge zu kreuzen? Habe ich Gott gelästert? Die Hl. Schrift durch den Schmutz gezogen? Schlecht über die Alte Messe gesprochen? Nichts dergleichen, sondern viel schlimmer: ich habe mich unehrfürchtig der großen Ikone genähert, dem Erfinder des "ewigen Roms" und der "Messe aller Zeiten" (was für ein intellektueller Unrat bereits diese Begriffe sind!), dem Helden jedweden katholischen Widerstands und dem Lordsiegelbewahrer der katholischen "Lebensform": Marcel Lefebvre!

Ich habe ein Weilchen gerätselt, wie man auf die letzte Attacke des Geistbraus angemessen antworten könnte. Am liebsten wäre mir natürlich so etwas wie eine durchgeschriebene Darstellung gewesen - wegen der Form. Aber wie soll man das machen, wenn des Grannenfelds Einlassung bei Licht besehen eine wilde Rhapsodie aus Behauptungen, verzerrten Wiedergaben meiner Argumente und historischen Fehlern ist? Mir bleibt also nichts anderes übrig, als Punkt für Punkt abzuhandeln, was natürlich gleich wieder einen schlechten Stil ergeben wird.

Donnerstag, 30. Oktober 2014

Geistbraus sagt: Who am I to judge?

Der Kollege Grannenfeld hat auf meinen gestrigen Beitrag über die Pius-Bruderschaft repliziert und da seine Kommentarfunktion zur Zeit ausgeschaltet ist, antworte ich hier erneut auf meinen Seiten.

Der Geistbraus unterstellt mir die Meinung, man würde durch die "penible Befolgung der Ordnung der Kirche" gerettet. Das ist eine grobe Verkennung meiner Argumentation. Das Problem der FSSPX ist doch nicht, dass dort irgendein Canon des Kirchenrechtes nicht penibel befolgt wird, sondern dass sie durch eines der schwersten denkbaren Vergehen gegen die göttliche Ordnung der Kirche (die unerlaubten Bischofsweihen) aus der Gemeinschaft dieser Kirche ausgeschieden ist. Bischof sein kann man in der Kirche nur in Gemeinschaft mit dem Papst, auf den sie aufgrund der unmittelbaren Weisung unseres Herrn und Heilands gebaut ist.

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Mal wieder Irritationen um die FSSPX

Mit ohm fing der Ärger an ...
Der Blogger-Kollege Laurentius Rhenanius (Superpelliceum) hat heute über ein Dekret (vollständiger Text bei Rorate Caeli) des Bischofs von Albano, Marcello Semeraro, berichtet, in dem dieser seine Gläubigen darauf hinweist, dass die Teilnahme an Messen oder Sakramentenspendungen der Piusbruderschaft einen Bruch der kirchlichen Gemeinschaft darstellt und daher einen "persönlichen Pfad der Wiederversöhnung" erforderlich macht, um wieder in voller Gemeinschaft mit der Kirche zu sein.

Laurentius sieht in dem Dekret des Bischofs einen Widerspruch zur Aufhebung der Exkommunikation der FSSPX-Bischöfe durch Benedikt XVI. Das scheint mir so aber nicht zutreffend zu sein.

Freitag, 24. Oktober 2014

Roma locuta - causa finita?

War mal "roma" - hat auch "locuta"
kath.net hat heute folgende Beitrag von mir übernommen:

Der geschätzte Bloggerkollege Peter Winnemöller hat vor einigen Tagen an dieser Stelle dazu aufgerufen, an der Meinungsbildung für die kommende Synode mitzuwirken und dabei am Hl. Vater Maß zu nehmen, dessen Wunsch es sei, dass „klare Worte“ gesprochen würden. Gleichzeitig bereitet er uns darauf vor, dass nach der Synode die Diskussionen ein Ende haben werden, weil dann der Papst entscheide und an diese Entscheidung hätten sich dann alle zu halten: „roma locuta – causa finita“.

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Synode: Deutsche Bischöfe ziehen erste Konsequenzen

Ab jetzt nur noch in Russland und Afrika
Auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz hat der Große Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Erzbischof von München und Freising, Reinhard Kardinal Marx, erste Konsequenzen des deutschen Episkopats aus den Beratungen der jüngsten Bischofssynode im Vatikan bekanntgegeben.
"Mit Wirkung vom 11.11.2014 wird es vor den deutschen Kirchen keine Security-Kräfte mehr geben, die Homosexuellen den Zutritt verweigern. Die seinerzeit von Johannes Paul II. mit Familiaris Consortio vorgeschriebenen Personenkontrollen finden nicht mehr statt. Das ist ein mutiger und einseitiger Schritt der deutschen Kirche, aber wir wollen im Vorfeld der Bischofssynode 2015 ein Zeichen der Antidiskriminierung setzen. Irgendwo muss der Aufbruch ja einmal anfangen und wir sind nicht bereit, uns von den Schwarzen da unten komplett blockieren zu lassen."
Auf die Frage, ob demnächst auch die symbolische Steinigung von Wiederverheirateten Geschiedenen durch Bewerfen mit Ostereiern während der Messe aufgegeben werden soll, reagierte Marx zurückhaltend: "Man muss bei der Reform im Sinne von Franziskus Schritt für Schritt vorangehen. Wir wollen Zeichen setzen, den Konsens mit der Weltkirche aber auch nicht einseitig aufkündigen".

Freitag, 5. September 2014

Bonny and Clyde

Erschöpft vom "Kampf um Rom" - Bischof Bonny
Der folgende Beitrag ist heute auf kath.net erschienen:

Die 3. außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zum Thema „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Rahmen der Evangelisierung“ vom 5.-19. Oktober rückt näher und nach der kraftvollen Ouvertüre von Kardinal Kasper beim letzten Konsistorium laufen sich die üblichen Verdächtigen in den Medien langsam warm.

Daniel Deckers hat bei der „FAZ“ ("Der Kampf um Rom hat erst begonnen") in den vergangenen Tagen gleich 3 Beiträge über eine Denkschrift des Antwerpener Bischofs Johan Bonny verfasst und sieht in ihr ein fast epochales Ereignis: „Das hat es in der jüngeren Kirchengeschichte noch nicht gegeben: Ein amtierender Bischof stellt sich schonungslos gegen das kirchliche Lehramt und die päpstlichen Weisungen in Sachen Ehe und Familie“. Das klingt ja wirklich vielversprechend.

Montag, 21. Juli 2014

Politiker-Geschwätz oder echte Auseinandersetzung?

Am vergangenen Freitag hat die Deutsche Bischofskonferenz die statistischen Eckdaten für das Jahr 2013 veröffentlicht. Sowohl die innerkirchliche als auch die allgemein-mediale Kommentierung dieser Statistik hebt fast ausschließlich auf die Entwicklung der Kirchenaustritte ab, die von 118.335 im Jahr 2012 auf 178.805 gestiegen sind.

Die Fixierung auf die Zahl der Kirchenaustritte als Gradmesser für die Lage der katholischen Kirche in Deutschland trägt dabei absurde Züge: Von den nominell 24,3 Millionen Katholiken in Deutschland haben im vergangenen Jahr 0,73 % ihren Austritt aus der Gemeinschaft der Kirchensteuerzahler erklärt. Das sind  0,24% mehr als im Vorjahr. Ähnliche Ausschläge (wir sprechen über den Promillebereich!) entstanden z.B. im Jahr 1992 als Reaktion auf die Einführung des Solidaritätszuschlags, einem von kirchlichen Entwicklungen völlig unabhängigen Faktor.

Donnerstag, 5. Juni 2014

Abtreibung mit 5 Sternen

Wie im Wellness-Hotel ...
Das Portal Docinsider (Motto: "Von Patienten empfohlen") bietet Patienten die Möglichkeit, Ärzte zu bewerten und Erfahrungsberichte zu hinterlegen. DAS Rating reicht von einem bis zu fünf Sternchen - wie man das aus dem AppStore und von Amazon gewöhnt ist.

Es gibt dort auch eine Präsenz für den Facharzt für Allgemeinmedizin, Friedrich Andreas Stapf - Kennern der Szene als der führende Abtreibungsspezialist in München bekannt (Markenzeichen: gelber Ferrari). Auf DocInsider finden sich sechs Bewertungen, 83% davon mit den maximal erreichbaren fünf Sternchen.

Freitag, 30. Mai 2014

Der Papst in Yad Vashem

Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Yad Vashem eine Meditation gehalten. Nun ist das alles andere als eine leichte Aufgabe und ein Meditationstext kann für sich durchaus die Freiheit der Poesie reklamieren - er eignet sich daher vielleicht nicht so ohne Weiteres für eine dogmatische Analyse.

Andererseits ist der Text doch auch eine öffentliche Kundgebung des Papstes. Und als solche liegt er mir etwas schwer im Magen:
„Adam, wo bist du?“ (vgl. Gen 3,9). 
Wo bist du, o Mensch? Wohin bist du gekommen? 
An diesem Ort, der Gedenkstätte an die Shoah, hören wir diese Frage Gottes wieder erschallen: „Adam, wo bist du?“ 
In dieser Frage liegt der ganze Schmerz des Vaters, der seinen Sohn verloren hat. 
Der Vater kannte das Risiko der Freiheit; er wusste, dass der Sohn verlorengehen könnte … doch vielleicht konnte nicht einmal der Vater sich einen solchen Fall, einen solchen Abgrund vorstellen!
Nachvollziehen kann ich den Bezug auf die Genesis-Stelle - wo, wenn nicht an diesem Ort, kann man den Fall des Menschen mit Händen greifen?

Donnerstag, 29. Mai 2014

Witz der Woche

Ein Papst, den nicht nur die Tiere liebten
Der glücklich regierende Heilige Vater Franziskus hat endlich wieder ein Interview gegeben - diesmal auf dem Rückflug von seiner Pastoralreise nach Israel. Man konnte wieder sehr viel lernen. Über das kapitalistische Wirtschaftssystem, das tötet - wirklich sehr, sehr ernst. Aber er wird dieses sehr, sehr ernste Problem der Wirtschaft angehen - zusammen mit Patriarch Bartholomaios wird er es angehen. Und gemeinsam mit Kardinal Marx aus dem Kardinals-Achter, der ja auch immer sagt, man müsse über den Kapitalismus hinausdenken. Die wird sich also demnächst wundern, die Weltwirtschaft.

Und über den Zölibat konnte man etwas lernen, dass er kein Glaubensdogma sei und deshalb die Tür dort noch offen sei - jenseits der Tatsache, dass man das ja noch gar nicht wusste, haben wir nun endlich eine gute Definition eines Dogmas: "Tür zu!". Wir sollten wirklich dankbar sein für alle Dinge, mit denen sich das Lehramt noch nicht allzu intensiv beschäftigt hat und wo noch Türen offen sind. Denn offene Türen - vor allem die hin zu den Rändern - sind ja etwas sehr, sehr Gutes, nicht wahr? Benedikt XVI. zum Beispiel hat mit seinem Rücktritt eine Tür geöffnet. Das ist gut, auch für sein Image, denn sonst galt er ja immer mehr als ein Vertreter der "Tür zu!"-Fraktion.

Mittwoch, 16. April 2014

Offener Brief an Kardinal Kasper

Eminenz,
sehr geehrter Herr Kardinal Kasper,

mit Ihrer Rede vor dem Konsistorium und dem aus dieser Rede resultierenden Buch „Das Evangelium von der Familie“ haben Sie sich nach eigenem Bekunden um die „Ouvertüre“ zum synodalen Prozess „Pastorale Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung“ bemüht. Die Diskussion im Rahmen dieses Prozesses ist natürlich zunächst und vor allem eine der zur Synode versammelten Bischöfe. Im Vorwort Ihres Buches steht aber auch der Satz: „Deshalb sollten an der Diskussion nicht zuletzt Christen, welche in familiären Situationen, teilweise auch in schwierigen, leben, zu Wort kommen“. Dieser Satz ermutigt mich, Ihnen einige Überlegungen und Fragen zu Ihrer Rede vorzulegen.

Freitag, 4. April 2014

In die Tiefe gehen - der neue Bischof von Passau

kath.net hat heute freundlicherweise den folgenden Kommentar übernommen:


PAter Oster bei der heutigen Pressekonferenz
im Barocksaal des Klosters Benediktbeuern
Nachdem einschlägige Gerüchte sich seit Monaten verdichtet hatten, ist die Ernennung des Benediktbeurer Salesianerpaters Stefan Oster zum neuen Bischof von Passau heute offiziell bekannt gegeben worden. Die gut 18-monatige Vakanz des Passauer Bischofsstuhls geht damit am 24. Mai dieses Jahres endlich zu Ende und es ist zu hoffen, dass nicht alle der zahlreichen ausstehenden Neubesetzungen in deutschen Bistümern so viel Zeit benötigen.

Man kann es aber auch anders herum sehen: Wenn am Ende ein so gutes Ergebnis steht, darf die Suche nach einem neuen Bischof für ein „verwaistes“ Bistum auch gerne etwas länger dauern. Denn Passau erhält einen Oberhirten, der ein offen auf die Menschen zugehender Seelsorger, ein theologisch tiefer Denker und nicht zuletzt ein begeisternder Verkündiger des Wortes Gottes ist.

Montag, 17. März 2014

Ein gewöhnlicher Krimineller?

Den folgenden Beitrag hat kath.net am Wochenende freundlicherweise übernommen:

Man muss kein Fan von Uli Hoeneß sein, um die Geschwindigkeit zu bewundern, mit der dieser „gewöhnliche Kriminelle“ (SPIEGEL) durch den Verzicht auf alle Ämter und die mögliche Revision in gewisser Weise die Hoheit über sein Leben zurückgewonnen hat. Er konnte nicht verhindern, über Monate hinweg das Objekt der öffentlichen Diskussion zu sein, aber er hat die erste mögliche Ausfahrt genommen, um wieder Subjekt zu sein. Für einige Jahre ein Mensch am unteren Ende der sozialen Leiter, aber eben eine selbstbestimmte und –verantwortliche Person mit „Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung“, wie er in seiner Presseerklärung schreibt.

Freitag, 7. Februar 2014

Nun also der Ausverkauf


Der folgende Beitrag ist heute auf kath.net erschienen:

Die Anzeichen haben sich seit einiger Zeit verdichtet, nun wird es offensichtlich: zumindest Teile des deutschen Episkopats haben keine Lust mehr, mit dem Glauben der Kirche gegen den Strom der Welt zu schwimmen.

Nicht mehr „zeitgemäß“ ist es für den Trierer Bischof Ackermann, eine neue Ehe nach einer Scheidung als andauernde Todsünde zu bezeichnen. Ebenso verhalte es sich mit praktizierter Homosexualität und vorehelichen Beziehungen. Um das Bild abzurunden, kommt ihm natürlich auch die Unterscheidung zwischen künstlicher und natürlicher Familienplanung „irgendwie“ künstlich vor.

Eines muss man dem Bischof freilich zugute halten: er scheint realisiert zu haben, dass die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten nicht machbar ist, ohne die katholische Ehelehre und damit die Sexualmoral in toto aus den Angeln zu heben. Das ist immerhin ehrlicher als die theologisch hilflosen Beteuerungen vieler seiner Amtsbrüder (darunter auch des scheidenden Vorsitzenden der DBK), das eine (die Zulassung zu den Sakramenten) ginge mit dem anderen (dem Festhalten an der Unauflöslichkeit der Ehe) zusammen. Bereits unmittelbar nach dem Erscheinen der Freiburger Handreichung hatte ein Kirchenrechtler freudig festgestellt, dass durch dieses Dokument erstmals sexuelle Beziehungen außerhalb einer gültigen Ehe moralisch legitimiert würden.


Die Äußerungen von Bischof Ackermann fallen zusammen mit der Präsentation der deutschen Antworten auf die Fragebögen, die der Vatikan zur Vorbereitung der Bischofssynode weltweit verschickt hat. Dieses Dokument zeichnet sich durch zwei charakteristische Eigenschaften aus: zum einen die „schonungslose“ Beschreibung des Ist-Zustandes (man könnte ihn etwas alltagssprachlich auf die Formel bringen: „Kein Schwein hält sich an die katholische Ehelehre“) und die vollständige Abwesenheit von Selbstkritik. Durchgängig beschreibt das Papier die entsprechenden Bestandteile des kirchensteuer-finanzierten Pastoral-Klapparatismus als vorbildlich. Die Frage, ob z.B. die Jugendpastoral so vorbildlich sein kann, wenn man gleichzeitig eingestehen muss, dass praktisch kein Paar, das vor den Traualtar tritt, vorher nicht „ad experimentum“ zusammengelebt hat, kommt den Verfassern nicht einmal in den Sinn. Stattdessen wird die normative Kraft des Faktischen beschworen.

Gleichzeitig wird verschwiegen, dass es – gerade auch unter Jugendlichen – Gruppen und Bewegungen gibt, die die katholische Ehelehre und die sich daraus ergebende Sexualmoral sehr wohl ernstnehmen. Mit den Zahlen, die man in diesem Bereich zusammenbekommt, kann man freilich nicht mehr in Volkskirche machen und das scheint ja das einzig noch geltende Dogma im deutschen Katholizismus zu sein: sich die eigene gesellschaftliche Marginalität nicht eingestehen zu wollen.

Also geht man nun tapfer den anderen Weg: „Wir können die katholische Lehre nicht völlig ändern, aber Kriterien erarbeiten, anhand derer wir sagen: In diesem und diesem konkreten Fall ist es verantwortbar“. An diesem Satz von Bischof Ackermann ist alles falsch: Die Sicht auf die kirchliche Lehre als etwas, was man (jeder hört das „leider“) nicht völlig ändern kann – als sei diese Lehre nach der übereinstimmenden Meinung des 2. Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramtes nicht ein Schatz. Ebenso aber auch die Vorstellung, mit einer neuen Art von Kasuistik könne das Grundproblem beseitigt werden. Dieses besteht aus der Sicht der Welt schlicht darin, dass man – jenseits von wenigen noch bestehenden Tabus – nicht mehr bereit ist, die Sexualität überhaupt als einen Ort möglicher Sünde zu sehen.

Von daher läuft auch Ackermanns Grundprämisse – „wir müssen das Verantwortungsbewusstsein der Menschen stärken, ihre Gewissensentscheidungen dann aber auch respektieren“ – ins Leere. „Die Menschen“ lehnen es im Bereich der Sexualität weitgehend ab, eine Instanz zu akzeptieren, vor der sie ihre konkreten Handlungsweisen und die daraus resultierenden Lebenssituationen rechtfertigen müssen. Dies ganz abgesehen von der Tatsache, dass man für die Worthülsen „Verantwortungsbewusstsein“ und „Gewissensentscheidung“ gerne einmal Fundstellen im Neuen Testament genannt bekäme – die Sprache Jesu ist das offensichtlich nicht. Der Herr ist barmherzig und klar zugleich: „Geh hin und sündige nicht mehr“.

Will man die Gedankengänge der Bischöfe verstehen, bietet sich als Interpretationsmuster die Vorstellung an, man gebe nun Randbereiche der Lehre auf, um den Kern zu retten. Doch was ist dieser Kern im Blick auf die Lebenspraxis der Menschen? Den sonntäglichen Gottesdienst besuchen kaum mehr als 10% der Katholiken, die Beichte ist ein Randphänomen, die Berufungen verharren auf einem Tiefpunkt. Wie hat man sich das kirchliche Leben denn vorzustellen, nachdem die „Randbereiche der Lehre“ als Hindernisse aus dem Weg geräumt sind? Jeder macht was er will und die Kirche garniert alles, was sich als „verantwortete Gewissensentscheidung“ ausgibt, mit einer netten kleinen „Segensfeier“. Wer den Verfasser böser Übertreibung verdächtigt, kann sich im DBK-Papier selbst überzeugen: „Auch die Bedeutung von Segnungen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen ist – in klarer Abgrenzung zu sakramentalen Feiern – neu in den Blick zu nehmen“.

So sehr man den aus der Frustration über ausbleibende pastorale Erfolge geborenen Wunsch der Bischöfe nachvollziehen kann, weitere Teile der kirchlichen Lehre über Bord zu werfen (wie vieles ist in den letzten 50 Jahren schon still und leise entsorgt worden) – das Schiff wird dadurch nicht leichter werden und auch keine flotte Fahrt aufnehmen. Im Gegenteil: der nun eingeschlagene Weg wird – so ist zu vermuten und natürlich auch zu hoffen – nicht der Weg der Weltkirche sein und man möchte sich noch gar nicht ausmalen, was es bedeutet, wenn die Bischöfe irgendwann von römischen Synoden zurückkehren und – aus der Sicht der synodalen Pressure-Groups und ihrer Lautsprecher in den Massenmedien – mit leeren Händen dastehen.

Es wäre wohl der bessere und ehrlichere Weg, den Versuch der weiteren Simulation von Volkskirche und gesellschaftlicher Relevanz aufzugeben und mit der recht kleinen Schar, die die Kirche in Deutschland lange schon ist, wirklich aufzubrechen.

Donnerstag, 6. Februar 2014

Vox Populi - Vox Rindvieh

Die deutschen Bischöfe haben die Antworten auf den vatikanischen Fragebogen zu Fragen im Umfeld "Ehe und Familie" in einem Dokument zusammengefasst und nach Rom geschickt.

Nun hat man sich ja schon die ganze Zeit gefragt, was der Sinn des ganzen Unterfangens sein soll und der DBK-Text zeigt nur, wie richtig alle Bedenken waren. Gibt das zu erwartende Umfrageergebnis doch die Gelegenheit zu einem entschlossenen "Hier stehen wir und können nicht anders". Die Logik des Dokumentes ist dabei einfach zu durchschauen: während auf der einen Seite ständig betont wird, wie vorbildlich die kirchlichen Apparate in Deutschland im Bereich der Ehe- und Familienpastoral arbeiten, ist die Beschreibung des Ist-Zustandes auf der anderen Seite schonungslos "ehrlich".

Ein "Versagen" in Deutschland ist auszuschließen und das Problem damit klar - und pseudowissenschaftlich "abgesichert" - an anderer Stelle zu suchen: in der kirchlichen Lehre, die von den Menschen nicht mehr verstanden und akzeptiert wird. Der Charakter des Dokumentes ermöglicht dabei ein wunderbares Spiel: man braucht die unliebsame Lehre nicht in Frage zu stellen, man kann alle Argumente gegen sie einfach als "vox populi" referieren. Hat sich in Rom eigentlich irgendein Mensch vor dem Lostreten dieses Unfugs Gedanken gemacht, wie man aus dem Extrakt der Konferenzen noch irgendetwas Sinnvolles herauslesen will? Wie man "Politik" an dieser Stelle verhindern soll? Oder ist es Zufall, dass die Abschnitte über die "wiederverheirateten Geschiedenen" in Darstellungs- und Sprachduktus ganz verdächtig an einen theologischen Vertreter des "Freiburger Wegs" erinnern?

Dass große Teile auch der Katholiken nicht nach der Ehelehre der Kirche leben, weiß man auch ohne eine solche Umfrage. Ob und inwiefern sich die Ehelehre dort, wo sie gelebt wird, bewährt und Früchte trägt, ist vielleicht der Horizont der Fragen, ganz sicher aber nicht derjenige der zusammenfassenden Antworten der DBK.

Und so liest man - neben dem schier unerträglichen Eigenlob ob des perfekt organisierten Pastoral-Klapparatismus - also das wohlbekannte Geschwätz von der Notwendigkeit der "Niedrigschwelligkeit" (welche Schwelle, fragt man sich da), von einer "Pastoral der Wegbegleitung" und vom Abschied von einer "lebensfeindlichen Gesetzesethik". Das schreiben dieselben verspießerten Deutschmichels, denen der Staat nicht genug Gesetze zur Regelung noch der abseitigsten Lebensbereiche erlassen kann.

Zieht man seinen eigenen Schluss aus den 20 Seiten "Antworten", so identifiziert man im Subtext (und teilweise durchaus auch explizit) die Forderung, sich nicht mehr in das Leben der Leute einzumischen. Kirche stößt - in der bischöflichen Selbstwahrnehmung! - dort auf Akzeptanz, wo sie den Menschen ein paar nette Worte spricht, wenn es ihnen mal nicht so gut geht auf ihrem ach so selbstbestimmten Weg durchs Leben. Kein Leben aus den Geboten und den Sakramenten, sondern ein bisschen religiöse Segens-Sahne und ansonsten: "Bitte nicht stören und nicht nerven".

Oder noch einmal anders: die Kirche muss sich wegen notorischer Akzeptanzprobleme einfach selbst abschaffen, zumindest als das, was sie noch für Johannes XXIII. war: die von Jesus Christus eingesetzte "Mater et Magistra", Mutter und Lehrerin der Völker.

Mittwoch, 22. Januar 2014

Kardinal Marx als Global Player

Damian von b-logos hat mich gefragt, was mir inhaltlich an dem Beitrag "Über den Kapitalismus hinaus denken" von Reinhard Kardinal Marx so sehr missfallen hat. Er könne in dem Beitrag auf den ersten Blick keine "Mischung aus sozialethischer Kompetenzfreiheit und Anbiederung an die Mächte dieser Welt" erkennen.


Ich will versuchen, mich - so kurz als möglich - zu erklären.

Im Kern ist der Beitrag von Marx ein Versuch, der Kritik an gewissen Ausführungen über wirtschaftliche und soziale Fragen in Evangelii Gaudium zu begegnen. Das ist ein in sich aussichtsloses Unterfangen, weil sich in diesen Ausführungen neben viel liebenswertem und urchristlichem Furor für Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit (Stichwort "prophetisch") Aussagen finden, die schlicht Unfug sind. Wie will man etwa den Satz "Die Ungleichverteilung der Einkünfte ist die Wurzel aller sozialen Übel" retten? Jedes Kind weiß, dass es im sozialen Leben der Menschen viele schlimme Übel gibt, die mit Einkünften, ob gleich oder ungleich verteilt, rein gar nichts zu tun haben. Wieviel soziales Leid verursacht eheliche Untreue - was hat sie mit der Einkommensverteilung zu tun? Der Satz geht nur auf, wenn man das Soziale (in einem simplizistischen Marxismus) vollständig auf das Ökonomische verkürzt - genau das ist es aber, was der Papst paradoxerweise dem bösen Kapitalismus vorwirft.

Schon im klein-handwerklichen geht dem Papst einiges daneben. Was soll man etwa von der Aussage halten, die Einkommen einiger Weniger stiegen "exponentiell"? Heute 1.000, morgen 1.000.0000 und übermorgen 1.000.000.000.000? Entspricht das irgendeiner Realität? Usw., usw.

Wie gesagt: Buchen wir das einmal unter "prophetisch" ab und lassen den Papst einen guten Mann sein (so schwer es einem als Katholik auch fallen mag: letztlich möchte man ja doch, dass der Papst entweder Richtiges sagt oder schweigt).

Zurück zu Kardinal Marx, der ja im Ruf eines ausgewiesenen Sozialethikers steht: Seine Argumentation in "Über den Kapitalismus hinaus denken" läuft darauf hinaus, einen Gegensatz zwischen "Kapitalismus" und "(Sozialer) Marktwirtschaft" zu konstruieren:
Ich meine: Kapitalismus und Marktwirtschaft sind nicht dasselbe! Der Begriff Kapitalismus führt in die Irre wie alle »-ismen«, die vorgeben das ganze Leben von einem bestimmten Punkt aus definieren zu können. Was wäre das für eine Sicht von Wirtschaft und Gesellschaft, die den Ausgangspunkt beim Kapital nimmt und die handelnden Menschen zu Randbedingungen beziehungsweise Kostenfaktoren macht?
Doch: Kapitalismus und Marktwirtschaft sind dasselbe, was man schon daran erkennen kann, dass der angelsächsische Bereich keinen eigenen Begriff für "Marktwirtschaft" hat, sondern das Wort eben mit "capitalism" übersetzt. Letztlich handelt es sich um zwei Charakteristika einer Wirtschaftsordnung: das Recht auf Privateigentum (auch an Produktionsmitteln) und die Steuerung von Produktion und Konsum über einen Mechanismus von Angebot und Nachfrage ("Markt"). Niemand wird behaupten können, dass z.B. im "Mutterland des Kapitalismus", der USA, "das ganze Leben von einem bestimmten Punkt" (dem Kapital) her konstruiert ist. Die Gesellschaftsordnung der USA fusst auf der Vorstellung eines Rechtsstaates, der die Freiheit individueller Entfaltung garantiert. Eines dieser Freiheitsrechte ist die ökonomische Betätigung, aber eben nur eines.

Die Katholische Soziallehre bejaht sowohl das Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln als auch den freien Markt. Sie ist freilich der Meinung, dass dem Staat die doppelte Aufgabe zukommt, zum einen die Regeln des "Marktspiels" so zu fassen, dass soziale Standards nicht verletzt werden. Der Gegenpol ist hier nicht der Kapitalismus, sondern eine bestimmte Auffassung von Liberalismus ("am besten gar kein Staat").

Einher mit der schief-populistischen Alternative "Kapitalismus" / "Marktwirtschaft" geht bei Marx die Vorstellung, Armut im Sinne von "der Caritas bedürftig" ließe sich durch "Nicht-Ausschließung" überwinden:
Sie [die Armen] sind nicht »Objekte« unserer Betreuung, sondern sie müssen einen Platz finden in der Kirche und der Gesellschaft.
Auch das wäre nur richtig, wenn man "Armut" auf "materielle Armut" und daraus resultierende Exklusion bezöge. Es gibt aber sehr viele Formen der Armut, die nicht durch "strukturell überwunden" werden können. Kranke, Pflegebedürftige, Einsame und viele "Mühselige und Beladene" bedürfen nicht irgendwelcher Strukturreformen, sondern der "Betreuung", d.h. der liebend-caritativen Zuwendung.

Schon an dieser Stelle klingen die Worte des Kardinals ungut nach der Vorstellung, die Kirche könne im Konzert der Mächtigen als gleichberechtigter Partner am Tisch Platz nehmen und zur "Weltverbesserung" beitragen. Dieser Eindruck konkretisiert sich in anderen Passagen des Textes:
Und wie sehr sind gerade weltweite Debatten über Wege in eine gemeinsame Zukunft heute wichtig! Ohne eine Sensibilisierung für unsere gemeinsame, weltweite Verantwortung kann auch die politische Arbeit am Weltgemeinwohl nicht vorankommen. Die Diskussionen um das Weltklima in Warschau und das Ringen um ein neues Welthandelsabkommen der WTO in Bali zeigen es. [...]
Gerade im Zeitalter der Globalisierung hat die Katholische Kirche, die weltweit präsent ist und arbeitet, hier eine besondere Aufgabe. Sie kann Debatten über die Zukunft der Welt mit anstoßen und begleiten.
Richtig bedenklich wird diese Attitüde, wenn Marx die klassischen Lebensvollzüge der Kirche gegen numinose Weltverbesserungsprojekte ausspielt:
Dieser Aufruf des Papstes geht nach innen und nach außen und ist in beide Richtungen beunruhigend und folgenreich. Nach innen, in die Kirche hinein, macht er deutlich, dass Evangelisierung nicht nur bedeuten kann, Menschen in die Glaubensinhalte des Katechismus einzuführen und ihnen die Sakramente zu spenden, sondern eine neue Art des Lebens zu finden, eine neue Gemeinschaft, eine neue Vorstellung von der Zukunft aller Menschen.
Die Zukunft aller Menschen ist der Tod, der überwunden werden kann nur im Hinblick auf den Gottessohn am Kreuz, den sie zu verkünden und dessen Gnadenwirken sie in den Sakramenten auszuteilen das Privileg hat. Diese Perspektive kennt "die Welt" nicht und deshalb kann die Kirche mit ihr auch keine Projekte über die "Zukunft aller Menschen" machen. Anders gesagt: die Kirche ist die Zukunft der Welt oder sie hat keine. Was nicht im geringsten ausschließt, dass die Welt dort, wo aus Verkündigung und Sakramenten gelebt wird, ein "besserer Ort" sein sollte. Und auch nicht, dass die Verkündigung auch die soziale Sphäre einschließt.

An anderer Stelle hat Kardinal Marx vor kurzem ausgeführt:
Die katholische Kirche mit ihren 1,2 Milliarden Mitgliedern ist eine Weltorganisation ohne Vergleich. Aber sie bleibt immer noch – so glaube ich – unter ihren Möglichkeiten. Mein persönlicher Traum von Kirche ist, dass sie Werkzeug der einen Menschheitsfamilie zum Guten sein kann. Das wollte Jesus. Global Player und Global Prager im 21. Jahrhundert, das wie keine Epoche zuvor im Zeichen großer Veränderungen und der Chance hin zur „Einen Welt“ steht.
Die Kirche als (noch nicht hinreichend erfolgreich eingesetztes) "Werkzeug der einen Menschheitsfamilie zum Guten" - das ist schon fast nicht mehr zu unterscheiden von einem anderen Ausspruch:
Ich glaube an den Menschen und daran, dass das Christentum ein Mittel zu seinem Fortschritt sein kann.
Dieser Satz stammt von Bischof Jaques Gaillot und u.a. für diesen Satz ist er von Johannes Paul II. seines Amtes enthoben worden.

Dienstag, 21. Januar 2014

Maradiaga II - der neue Triumphalismus

So sehen Sieger aus
Dankenswerterweise hat der Kölner Stadtanzeiger das Interview mit Kardinal Rodriguez Maradiaga mittlerweile vollständig online gestellt. So kann man sich nun ein etwas vollständigeres Bild von der "ganzen Denkungsart" (Gerhard Polt) des Herrn machen, der es für richtig hält, den Präfekten der Glaubenskongregation öffentlich als kleinen, bornierten Deppen hinzustellen - wohlwissend, dass gerade in Deutschland derlei Verunglimpfungen immer für einen billigen Applaus gut sind.

Und die "Denkungsart" ist dann auch danach:
Ich bin fest überzeugt: Wir stehen in der Kirche am Beginn einer neuen Ära. Ähnlich wie vor 50 Jahren, als Papst Johannes XXIII. die Kirchenfenster öffnen ließ, um frische Luft hereinzulassen. Heute will Franziskus die Kirche in die Richtung führen, in die er selbst vom Heiligen Geist getrieben wird: näher bei den Menschen, nicht über ihnen thronend, sondern in ihnen lebendig. Die Kirche, das darf man nicht vergessen, ist nicht bloß eine Institution von Menschenhand, sondern Gottes Werk. Ich bin sicher, er hatte bei unserer Wahl im März 2013 seine Hand im Spiel. Denn nach menschlichem Ermessen wäre ein anderer Papst geworden.
Es ist also mal wieder Pfingsten und es war natürlich der Geist selbst, der die Wahl der Kardinäle gelenkt und das neue Zeitalter heraufgeführt hat. Sagt der Herr Kardinal - um ein wenig später seinen eigenen konklavepolitischen Beitrag zum Wahlergebnis herauszustellen.

Das frisch begonnene Pontifikat stehe unter dem Motto "Mehr Pastoral als Doktrin". Auch nicht wirklich neu und immer noch falsch. Als ob das Wort "Die Wahrheit in der Liebe tun" ein Gegeneinander-Ausspielen seiner beiden Achsen vertragen würde.

Auf die Frage, ob man sich wegen des Alters des Heiligen Vaters Sorgen machen müsse, dass "nicht genug Zeit für all diese Veränderungen bleibt", lässt der Kardinal dann einen weiteren tiefen Blick in seine Sicht der Dinge zu: er sei davon überzeugt, dass man längst einen "Point of no return" erreicht habe. Da ist sie, die Sprache aller Revolutionssieger. Der Weltgeist hat Fakten geschaffen - Widerstand zwecklos. Wer das nicht merkt, der ist eben nur ein kleiner Dummkopf wie der Präfekt der Glaubenskongregation.

Ich habe in den Jahren des letzten Pontifikats häufig mit Vertretern der bösen "Traditionalisten" gesprochen. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals diese Attitüde erlebt zu haben. Im Gegenteil: Da war immer nur das Gefühl, eine Atempause zu haben, etwas Zeit, um in Ruhe der eigenen Berufung nachzugehen ohne Sorge, eingestampft zu werden wie aktuell die Franziskaner der Immaculata.

Die auftrumpfende Art, die der Kardinal an den Tag legt; dieses "Jetzt sind wir dran und jetzt geht es endlich wieder vorwärts" - was ist das anderes als ein neuer Triumphalismus, der sich vom angeblichen alten dadurch unterscheidet, dass er vorgibt, aus der Kirche eine weltliche Erfolgsgeschichte machen zu können. "Die Kirche schöpft ihr Potential noch nicht aus", schrieb Kardinal Marx vor kurzem und betonte, dass die Kirche schließlich ein "global player" sei. Er hat wahrscheinlich keine Sekunde darüber nachgedacht, dass das "Potential" der Kirche am Kreuz verdient wurde und die Zusage des Herrn nicht darin besteht, seine Kirche zu einem "global player" der Weltverbesserung zu machen, sondern alle Tage bis ans Ende dieser Welt in unserem Scheitern bei uns zu bleiben.

Es sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass der Vertreter des Weltgeistes natürlich auch schon den Ausgang der "Causa Limburg" kennt. Womit dann auch an dieser Stelle die neue, strukturreformierte römische Kakophonie komplett wäre.

Narreteien, nichts als Narreteien ...

Montag, 20. Januar 2014

Neues von der römischen Leprastation

Selig sind die Armen im Geiste ...
Die neuen Strukturen an der römischen Kurie zeigen zunehmend prächtige Wirkungen. Als vorzügliches Instrument des "New Way of Church Ruling" erweist sich dabei der "Kardinals-Achter". Wie nicht anders zu erwarten, beschränken sich die darin sitzenden Herren nicht darauf, den Papst ein wenig bei der Effizienzsteigerung des kurialen Apparates zu beraten, sondern entwickeln echten Sportsgeist: "Go for Gold" heißt die Devise - oder in etwas kirchennäherer Sprache "Wir sind jetzt (mindestens) Vize-Papst".

Vor einigen Tagen fiel schon der Münchner Kardinal Marx mit einer höchstamtlichen Interpretation der - sagen wir einmal - etwas grob geschnitzten Äußerungen des Hl. Vaters zu ökonomischen Fragen in "Evangelii Gaudium" auf (die deutsche Übersetzung des Osservatore-Artikels findet sich bei kath.net). Wer sich die Bedeutung des schönen Wortes "Verschlimmbesserung" einmal vergegenwärtigen möchte, kann sich diese Mischung aus sozialethischer Kompetenzfreiheit und Anbiederung an die Mächte dieser Welt gerne antun. Menschen mit schwachem Magen seien an dieser Stelle ausdrücklich gewarnt.

Der Obermacker des Rudervereins, Sua Vize-Santita Oscar Andres Rodriguez Cardinal Maradiaga, hat nun eine noch weitaus beeindruckendere Demonstration des aktuellen Zustands der römischen Kirchenleitung gegeben. In einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger (das Original ist für mich hier im Oberland leider nicht greifbar) hat er mal locker vom Hocker diesem kleinen Dogmatiker aus Regensburg Bescheid gestoßen:
Müller sei ein deutscher Theologieprofessor; „in seiner Mentalität gibt es nur richtig oder falsch, das war’s“, sagte Rodriguez im Interview des „Kölner Stadtanzeiger“ (Montag). Aber ich sage: „Die Welt, mein Bruder, die Welt ist nicht so. Du solltest ein wenig flexibel sein, wenn du andere Stimmen hörst, damit du nicht nur zuhörst und sagst, nein, hier ist die Wand.“ 
Als er Müllers Äußerungen über die Autorität der Kirche gelesen habe, habe er gedacht: „Okay, vielleicht hast du Recht, vielleicht aber auch nicht.“ Er, Rodriguez, glaube aber, Müller werde noch „dahin gelangen, andere Ansichten zu verstehen“. Derzeit sei er „halt noch am Anfang, hört bloß auf seinen Beraterstab“. Der Kardinal räumte ein, bislang noch nicht persönlich mit Müller gesprochen zu haben: „Aber wir werden reden, ganz bestimmt. Es ist immer gut, einen guten Dialog zu führen.“
So läuft das jetzt also: "Hey, Bro, entspann' Dich und rauch' mal wieder ne Runde Gras. Wenn das nichts hilft, solltest Du Deine Wahr-Falsch-Neurose mal von einem Seelenklempner anschauen lassen". Und wie könnte man einen "guten Dialog" unter Brüdern besser starten als durch eine Runde herablassende Watschen in der Zeitung?

"Vielleicht ist es so, vielleicht aber auch nicht" - das ist jetzt anscheinend die Haltung zu dogmatischen Fragen, die man als cooler Kardinals-Rocker im Vatikan zur Schau stellt. Und man kann sich das auch gegenüber dem Präfekten der Glaubenskongregation leisten - das ist der Fluch der bösen Tat unverantwortlicher Interviews (oder Gerüchten angeblicher Interview-Äußerungen, denen man nicht entschieden genug entgegentritt) und der Etablierung neuer Machtzirkel. Vielleicht wird sich auch Papa Buenasera noch einmal nach der guten alten "Lepra-Zeit" am päpstlichen Hof zurücksehnen, als das einzige Problem die Eitelkeit einiger nachrangiger Monsignores war.

Ansonsten fällt mir zur selbstgefällig-herablassenden Attitüde des Hochwürdigsten Herrn Maradiaga - mit Verlaub - nur ein Zitat von Joschka Fischer ein ...