Die Redaktion von
kath.net hat freundlicherweise den folgenden Beitrag von Theodor übernommen:
Der Kampf um die Deutungshoheit des gerade erst begonnenen
Pontifikats ist in vollem Gange. Das ist angesichts der vielen irritierenden
innerkirchlichen Vorgänge der letzten Wochen und Monate (vom überraschenden
Rücktritt Benedikts XVI. bis zur ebenso unerwarteten Wahl Papst Franziskus’)
vielleicht nachvollziehbar: so mancher würde gerne wissen, wie es nun weiter
geht. Die naheliegende Vermutung, dass es in den meisten Bereichen, in denen
sich der Boulevard und so mancher „Kirchenexperte“ in den deutschen Feuilletons
Revolutionen erhofft, weitgehend so bleiben wird, wie es war – diese Vermutung
mag man noch nicht wahrhaben, obwohl die Anzeichen sich verdichten: Papst Franziskus
demonstriert Kontinuität zu seinem Vorgänger, auch mit Papst Franziskus glaubt
die Kirche, was sie immer schon geglaubt hat und auch unter dem neuen
Pontifikat werden auf dem Petersplatz lateinische Choralmessen gefeiert.
Man könnte angesichts des ganzen Geredes die Achseln zucken
– auch Journalisten mit dem Spezialgebiet „Katholische Kirche“ müssen schließlich
leben. Ein bestimmter Grad an bizarrer Verzerrung aller Tatsachen, noch dazu
erschienen in der ehrwürdigen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, kann dann aber
doch nicht unwidersprochen bleiben.
Daniel Deckers konstruiert in der FAZ vom 24.3.2013 eine
sich formierende konservativen Ablehnungsfront gegen Papst Franziskus, die er
mit bekannten Namen des konservativ-kirchlichen Publizismus (Paul Badde, u,a.) verknüpft und schließlich auch mit einer vermeintlich hinter der
„Vatileaks“-Affäre stehenden „gay lobby“
im Vatikan in Verbindung bringt. Dabei schreckt er auch vor
Geschmacklosigkeiten nicht zurück, die einem den Atem verschlagen können:
„Der Kult um kostbare Gewänder und üppige Spitzen, das von
allerlei erotischen Konnotationen umgebene heilige Spiel, die asexuellen
Darstellungen der Gottesmutter Maria und eine überbordende Reliquienverehrung
sind das öffentliche und seit Benedikt XVI. wieder päpstlich approbierte
Gegenstück zu einer privaten Parallelwelt, in der den Reliquien allerlei
Fetische entsprechen: der Marienverehrung der Kult um Magermodels und
mädchenhafte Schlagersängerinnen; dem frauenfreien Altarraum die Männersauna und
der Darkroom; und dem levitierten Hochamt mit Goldbrokat, Manipel und
Spitzenrochetts das Tuntenballett“.
Gewährsmann für seine Identifizierung traditioneller
Gottesdienstformen mit einem „Tuntenballett“ ist natürlich David Berger, der
aufrechte Kämpfer gegen die „Homophobie“ in jenen konservativen Kirchenkreisen,
in denen er selbst über Jahre hinweg reüssierte, bevor er „im Jahre 2010 seine
Homosexualität öffentlich machte“.
Wenden wir uns den Fakten zu: Ja, die katholische Kirche hat
ein manifestes Problem mit Homosexualität. Wer sich davon überzeugen möchte,
lese die Ergebnisse der Studie, die ein anerkanntes Forscherteam unter der
Leitung von Prof. Dr. Norbert Leygraf im Auftrag der DBK angefertigt und im
letzten Dezember der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Diese Auswertung von 78
psychiatrischen Gutachten, die in den letzten 10 Jahre von Mißbrauchspriestern
angefertigt worden waren, hat neben allerlei statistischen Daten wenig
Auffälliges zu Tage gefördert – mit einer Ausnahme: unter den 78 Mißbrauchspriestern
hatten 46% eine homo- oder bisexuelle Orientierung!
Die Einordnung des Ergebnisses der Studie spielt sich
zwischen zwei Polen ab: entweder vergreifen sich homosexuelle Priester mehr als
10 mal häufiger an Kindern und Jugendlichen als ihre heterosexuellen Mitbrüder
oder der katholische Klerus weist eine um den Faktor 10+x höheren Anteil an Homosexuellen
auf als die männliche Durchschnittsbevölkerung – die Wahrheit kann auch überall
dazwischen liegen.
Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die durch die
Leygraf-Studie offengelegte Homosexuellen-Problematik irgendeinen Zusammenhang
mit der kirchlichen „Goldbrokat-Fraktion“ hat, wie Deckers dies konstruiert.
Kontext (z.B. das Jesuitenkolleg in Berlin) und zeitlicher Schwerpunkt der
Missbrauchsfälle (70er, 80er und 90er Jahre) weisen in eine ganz andere
Richtung.
Wenn Deckers in diesem Zusammenhang auch noch den Eindruck
erweckt, als habe Benedikt XVI. die „Traditions“-Homosexuellen besonders
gefördert, so sei er daran erinnert, dass es der Ratzinger-Papst war, der –
motiviert auch durch die in seinem früheren Dikasterium zusammengelaufenen
Informationen über die Mißbrauchsfälle – das kirchliche Verbot, Homosexuelle zu
Priestern zu weihen, im November 2005 noch einmal eingeschärft hat.
Bliebe der Ideengeber von Herrn Deckers, der selbsternannte
„schwule Theologe“ David Berger. Dieser hat sich 2010 keineswegs freiwillig zu
seiner Homosexualität bekannt, wie Deckers es darstellt, sondern erst nachdem
eindeutige und unappetitliche Beweise vorlagen, dass er parallel zu seiner
Arbeit für konservative kirchliche Vereinigungen und Publikationsorgane seine
Haut (und nicht nur diese) in einschlägigen Gay-Foren im Internet zu Markte
getragen hatte.
Man kann mit dem neuen Pontifikat die
unterschiedlichsten Hoffnungen verbinden. Möge es Papst Franziskus aber vor
allem gelingen, die Konfrontation zwischen „rechts“ und „links“, zwischen
„konservativ“ und „progressiv“ in der Kirche zu befrieden, die – zumindest in
der westlichen Welt - nicht unerheblich zu ihrer Selbstblockade beiträgt und so
absurde Blüten treibt wie den jüngsten Artikel des Kirchenredakteurs der FAZ.