Montag, 13. Juni 2011

Die Messe und das Beten

In der Einleitung zu Romano Guardinis "Vom Geist der Liturgie" schreibt Ildefons Herwegen, der Abt von Maria Laach:
Die Kirche steht ruhig und sicher inmitten der argen Welt. Was gibt ihr die Kraft zum Stehen? Sie betet.
Die Welt liegt im Argen - damals (am Ende des 1. Weltkriegs), heute, immer schon und auch in Zukunft. Die Kirche steht innerhalb dieser Welt und wirkt in sie hinein durch Verkündigung, Zeugnis und tätige Nächstenliebe. Aber ihr eigentliches Wesen ist das Gebet, denn in diesem ist sie mit ihrem Ursprung und ihrer Kraftquelle verbunden. Noch einmal Ildefons Herwegen:
Das Gebet der Kirche stellt beständige Verbindung mit der Ewigkeit her.
Das Gebet ist dabei mehrstufig: es gibt das Gebet des Einzelnen, das "private Gebet" in Gemeinschaft (der ganze Bereich der Volksfrömmigkeit) und schließlich das eigentliche Gebet der Kirche, die Liturgie.   Auch dieses ist polyphon: Neben der Feier der Sakramente und ganz besonders der Messe steht das Stundengebet, das eben nicht "privates" Gebet ist, sondern geordneter, öffentlicher Kult der Kirche. Wenn das II. Vatikanische Konzil die Liturgie den Höhepunkt nennt, dem alles Tun der Kirche entgegenstrebt und zugleich die Quelle, aus der all' ihre Kraft strömt, dann ist damit nicht nur die Messe gemeint, sondern auch die Liturgia Horarum. Und es gehört zu den großen Verdiensten von "Sacrosanctum Concilium", das immerwährende, öffentliche Gebet der Kirche wieder zu einem Anliegen aller Getauften gemacht und es aus der Engführung einer Verpflichtung der Kleriker herausgeführt zu haben. Auch das freilich ist - wie so manches in diesem Konzilsdokument - ein weitgehend noch uneingelöstes Versprechen.

Das Gebet ist das Wesentliche der Kirche - dies ist der Grund, warum Sätze der Art "die Messe ist das Wesentliche" meinen Widerspruch hervorrufen. Weil sie selbst wieder eine Engführung sind. Damit ist nicht in Frage gestellt, dass die Messe innerhalb der Liturgie der Kirche eine besondere Stellung einnimmt. Aber auch das kann sie nur, wenn sie im Wesentlichen Gebet ist. Man könnte es so zuspitzen: Die Frage, ob eine Messe wahrhaft Gebet ist (Gebet des Priesters und Gebet der Gläubigen), entscheidet (jenseits des "ex opere operato") über ihren Wert. Und dieses Kriterium steht über allen anderen Aspekten, es gilt für die Alte und für die Neue Messe, für das Choral-Hochamt und für den NGL-Gottesdienst. Es allein auch macht sie "würdig". 


1 Kommentar:

  1. "Das Gebet ist das Wesentliche der Kirche - dies ist der Grund, warum Sätze der Art "die Messe ist das Wesentliche" meinen Widerspruch hervorrufen."

    Ich glaube nicht, dass man den so formulierten Widerspruch stehen lassen kann. Natürlich ist die Messe auch dann das Wesentliche, wenn man über das Gebet nachdenkt. Das Zueinander von Sakramenten und Tagzeitenliturgie als Polyphonie zu bezeichnen ist mir noch zu vage. Mir fällt als Bild da eher die kontrapunktisch aufgebaute Fuge ein, die ihren Zielpunkt in der hl. Messe findet. Also: Die Liturgie ist mit mehreren selbstständigen Stimmen (Sakramente, Stundenliturgie) hingeordnet auf die hl. Messe, die selbstredend die conditio sine qua non der Kirche ist.
    Im Hinblick auf "das Wsentliche" ist das Gebet sicher nicht "mehr" als die hl. Messe.

    Als Polemik gegen Mosebach taugt dieser Einwand darum m.E. nicht. Eher muss man ihm entgegenhalten (und das hattest Du bereits), dass er keine Ahnung zu haben scheint, was die hl. Messe überhaupt ist (Golgotha als die erste Messe). Und ob er sie denn als Gebet auffasst, lasse ich dahingestellt.

    Eine Frage der Pastoral ist es freilich, dass
    die vielen Weisen des Gebetes dazu bestimmt sind, zur hl. Messe hinzuführen, diese aber heute nirgendwo mehr verlässlich eingeübt werden.
    Wo das aber ist, werden es immer weniger werden, die den Sinn des Tuns in der Messe recht zu erfassen wissen. Schauerlich.

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