Mittwoch, 22. Juni 2011

Pro multis IV

Pro spe salutis hat unseren kleinen Dialog über das "Pro Multis" fortgeführt. Bevor ich darauf antworte, möchte ich eine Bemerkung vorausschicken: Es freut mich sehr, das Thema in dieser Weise auf einem guten theologischen Niveau verhandelt zu sehen. Das ist ja keine Selbstverständlichkeit, gehört das "Pro Multis" doch zum klassischen Set einer traditionalistischen Überzeugung.

Einige Punkte habe ich inhaltlich dann doch noch:

  1. Mir ging es vor allem darum, dass man die Übersetzung "für alle" nicht als falsch oder illegitim bezeichnen kann ("es kann nicht "für alle" heissen, hatte Pro spe salutis formuliert). Wenn er das mit dem Halbsatz 'Meinethalben kann man auch "für alle' übersetzen" zurücknimmt, sind wir hier schon ganz nah beinander.
  2. Einem soeben (von Benedikt XVI. !!!) selig gesprochenen Papst häretische Tendenzen in allerzentralsten dogmatischen Fragen zu unterstellen, ist für mich gänzlich inakzeptabel. Hallo, wo sind wir hier eigentlich? Was würde das, ganz nebenbei, über den regierenden Hl. Vater sagen, wenn er einen (semi-)häretischen Vorgänger im Schnelldurchgang selig gesprochen hätte? 
  3. Mir ist der Unterschied zwischen der "objektiven" Seite der Erlösung und ihrer "subjektiven" durchaus bewusst. Das Interessante an dem von mir angeführten Römerbrief-Zitat ist ja, dass Paulus hier über die Gerechtsprechung/Rechtfertigung, also die "subjektive" Seite spricht und dennoch von "allen" spricht, resp. "alle" und "viele" synonym verwendet. Hatte der gute Apostelfürst am Ende auch "Allversöhnungstendenzen"? Man kann doch wirklich niemandem über den Weg trauen ... 
  4.  Der eigentliche Knackpunkt unserer Diskussion scheint mir das Wort "Angebot" zu sein. Jede Faser in mir sträubt sich, diesen marktwirtschaftlich versauten Terminus an dieser Stelle zu verwenden (Ist es nicht das große Krisenphänomen unserer Tage, dass die Kirche ständig "Angebote" machen will?). 
  5. Was geschieht im Abendmahlssaal? Christus nimmt seinen Opfertod vorweg, in dem die Liebe (das innere Wesen des dreifaltigen Gottes) über die Sünde siegt. Die überströmende, (menschlich) masslose Liebe des Sohnes zum Vater, aus der heraus er sich für dessen Geschöpfe opfert. Liebe bietet sich nicht an, Liebe überwältigt! Das ist die Grunderfahrung der Kirche, ihrer Heiligen, ihrer Mystiker: das Überwältig-Sein von der überströmenden Liebe Gottes, die sich in der endgültigen Liebestat Christi neu offenbart. 
  6. Diese Liebe Gottes war schon offenbar in seiner Schöpfung. Die innertrinitarische Liebe ist ja die "Weltformel", die ureigentliche Kraft des Universums. Wenn wir einmal nicht mehr "durch einen Spiegel schauen", werden wir das feststellen: dass die ganze Schöpfung im Großen und im Kleinen getragen, durchwaltet ist von der trinitarischen Liebe Gottes. Und dieses Liebe hat sich noch einmal überboten in der Menschwerdung und im Opfertod unseres Herrn und Heilands. 
  7. "Natürlich hat Christus die ganze Welt erlöst, ist sein Blut für alle Menschen geflossen" schreibt Pro spe salutis. Nein, nichts daran ist natürlich! Es ist Gnade, reinste Gnade, Ausfluss der alles und jeden überwältigenden Liebe Gottes zu Dir, zu mir und selbst zu Adolf Hitler.
  8. Es ist richtig, dass ich mich selbst immer wieder als jemanden erfahre, der sich von dieser überwältigenden Liebe nicht überwältigen lässt. Der kleingläubig und spiessig auf seinem Selbststand besteht, seine eigenen Prioritäten setzt, seinen Lüsten und Lüstchen frönt, usw. Diese Erfahrung stellt wirklich und in tödlicher Ernsthaftigkeit mein Heil in Frage. Aber sie steht nicht auf einer Ebene mit Gottes Liebe, das wird ihren endgültigen Sieg, den Durchbruch des Reiches Gottes in seiner Herrlichkeit nicht rückgängig machen.
  9. Schon gar nicht werde ich in dem Augenblick, in dem die Kirche in Gemeinschaft mit den himmlischen Heerscharen sich die Großtaten Gottes und die endgültige Liebestat Christi jubelnd vergegenwärtigt, nach links und rechts schauen und zufrieden feststellen, dass der Adolf (und so mancher andere) natürlich nicht dabei ist (hat halt das "Angebot" nicht angenommen, das Dummerchen - Danke, Herr, dass ich nicht bin wie dieser).
  10. "Denn es sind - leider - nicht 'alle', die sich dem Heil Gottes öffnen und hierdurch erlöst werden, wiewohl auch für sie das Blut Christi vergossen worden ist" - so Pro spe salutis. Ich weiss das nicht - ich weiss nur, dass ich selbst in Gefahr bin, nicht dabei zu sein. Und solange ich noch in der Gemeinschaft der Heiligen Eucharistie feiere, kann, darf und muss (!) ich auch für mich hoffen. 
Weil ich glaube, dass es sich so verhält, meine ich (mit dem seligen Johannes Paul), dass die Übersetzung "für alle" völlig legitim ist. Und bestätigt fühle ich mich vor allem durch die Tatsache, dass die Kirche in ihrer (vorkonziliaren) Liturgie am Gründonnerstag diesen Gedanken, dass Christus für alle Menschen ("omniumque") gestorben ist, als Einleitungstext für den "Einsetzungsbericht" gewählt hat. Wie anders sollte ich das verstehen, denn als Interpretations- und ggfs. Übersetzungshilfe für das "Pro Multis"? Es ist vielleicht kein Zufall, dass Pro spe salutis zu diesem Argument bisher nichts eingefallen ist ... 

1 Kommentar:

  1. Zu Ihrem Teil in 10.: ganz untheologisch von außen betrachtet, müßte man Sie hier kategorisieren, müßte man Sie aufgrund ihrer Aussage zu "für viele" addieren. Also wie gesagt, rein statistisch gesehen :-)), dann hoffen wir wohl alle auf "für alle", aber wissen tun wir es nicht :-))

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